Im Interview mit Prof. Dr. Jacob Joussen, neu in der Position des verantwortlichen Schriftleiters der ZMV
Redaktion: Herr Joussen, was waren Ihre ersten Gedanken, als Sie gefragt wurden, ob Sie sich vorstellen können, die verantwortliche Schriftleitung zu übernehmen?
Jacob Joussen: Die Anfrage kam einerseits nicht völlig überraschend, da ich ja schon einige Jahre Stellvertreter der Schriftleiterin Renate Oxenknecht-Witzsch war. Insofern konnte ich das ahnen, dass die Schriftleitung irgendwann auf mich zulaufen würde. Andererseits kam der Zeitpunkt selbst dann doch überraschend. Ich hatte in diesem Jahr noch nicht damit gerechnet. Und so war es vor allem ein tiefes Luftholen – ich kenne die ZMV, ihre Entstehung schon lange, und so weiß ich, dass die Produktion für jedes Heft neu eine Herausforderung darstellt. Doch all das war verbunden mit einer großen Vorfreude, einer Neugier – und einer großen Dankbarkeit, die Nachfolge der Gründungsherausgeberin dieser wichtigen Zeitschrift antreten zu dürfen!
Redaktion: Sie haben sich entschieden, diese Aufgabe zu übernehmen. Worauf freuen Sie sich besonders, worin sehen Sie Ihre Herausforderung?
Jacob Joussen: Besonders freue ich mich auf die Zusammenarbeit mit dem Redaktionsteam, also Frau Meyer und Herrn Fitzthum, mit den anderen Herausgebern, mit Detlev Fey als meinem Stellvertreter und mit dem KETTELER-Verlag. Die Herausforderung wird für mich darin liegen, die ZMV weiter durch die nächsten Jahre zu führen. Alle Printprodukte im Zeitschriftenmarkt stehen hier sehr unter Druck. Da wird es eine große Aufgabe sein, die ZMV in ihrer gewohnten Stärke am Markt zu halten. Und zugleich durch ein unverändert attraktives Produkt neue Leser*innen zu gewinnen.
Redaktion: Sie sprechen oftmals von Kontinuität, die ja gerade jetzt besonders wichtig ist. Was wird unter Ihrer Leitung weiterlaufen wie bisher, worauf bauen Sie auch zukünftig?
Jacob Joussen: Die ZMV wird weiter tief im katholischen wie evangelischen Bereich verankert bleiben. Die Herausgeber, die hinter der ZMV stehen, und die ständigen Mitarbeiter*innen, die uns treu mit Nachrichten und Informationen „beliefern“, werden auch weiterhin dafür sorgen, dass wir über den Aufsatz- und Rechtsprechungsteil hinaus wichtige Informationen für Mitarbeitervertretungen bieten können: und zwar solche, die für möglichst viele MAVen interessant sind. Die ZMV soll also auch künftig mehreres sein: eine Plattform, wo Ideen entwickelt und vorgestellt werden können, eine Zeitschrift, die erklärend und erläuternd ist, und eine Fundgrube für Informationen und Rechtsprechung, die für die Arbeit einer MAV und für Menschen, die mit dem kirchlichen Arbeitsrecht befasst sind, wichtig sind.
Redaktion: Das Zusammenspiel aus Kontinuität und Innovation ist oftmals Garant für langfristigen Erfolg. Sie haben die Schriftleitung erst kürzlich übernommen, deshalb ist es vermutlich früh, darüber zu sprechen. Dennoch interessiert uns: Gibt es etwas, was Sie ändern möchten, was in Zukunft anders sein wird?
Jacob Joussen: Ja, das ist zu früh – nach nur einem Heft! Und doch habe ich Ideen, die ich mit Detlev Fey und den Herausgebern überlegen möchte. Eine Neuerung findet sich schon in Heft 6: Wir dokumentieren zwar bisher ganze Urteile, mit ihrem (nahezu) vollständigen Wortlaut. Doch möchte ich auch manche Entscheidungen anders darstellen, als „Entscheidungen mit Leitsätzen“: Das ist eine Rubrik, wo Urteile aufgenommen werden können, deren gesamter Wortlaut nicht so wichtig für die MAV-Arbeit ist, aber die wichtige Auswirkungen für die tägliche Praxis haben. So können wir noch praxisnäher werden – ohne dass wir auch eine gewisse Fundierung aufgeben würden. Eine andere Idee: Die Darstellung einer praxisrelevanten Streitfrage aus zwei unterschiedlichen Sichtweisen, also ein „Pro&Contra“. Das möchte ich im kommenden Heft schon einmal ausprobieren. Daran wird deutlich, dass es häufig nicht die eine richtige Antwort auf Fragen gibt!
Redaktion: Die ZMV adressiert Mitarbeitervertretungen in der katholischen und evangelischen Kirche. Sie ist in beiden Kirchen fest verankert – eine große Stärke der ZMV. In ihrem Bereich ist sie die führende Fachzeitschrift seit fast 30 Jahren. Was macht Ihrer Meinung nach den Erfolg der ZMV aus? Warum vertrauen so viele Leserinnen und Leser auf die ZMV?
Jacob Joussen: Es ist genau das – ihre Verankerung in beiden Kirchen, in Caritas und Diakonie und, ganz wichtig, der Umstand, dass sie verschiedene Elemente in sich vereint. Sie ist nicht nur ein Informationsblatt, sie ist nur ein Erklärblatt, sie ist nicht nur eine Fachzeitschrift mit mehr wissenschaftlich ausgerichteten Artikeln. Sie vereint diese drei Zweige. Zudem baut sie auf herausragenden Autorinnen und Autoren auf, die der ZMV zum Teil schon lange verbunden sind. Auch das ist entscheidend! Das wissen und merken auch die Leserinnen und Leser, dass sie hier Aufsätze und Informationen, Einschätzungen und Kommentare von Menschen bekommen, die unverändert „nah dran“ sind. Das weiter fortzuführen, neue Autor*innen zu gewinnen, das wird übrigens auch eine große Herausforderung!
Redaktion: Sie leiten das in Deutschland erste „Institut für kirchliches Arbeitsrecht“ an der Ruhr-Universität in Bochum. Was sind die Aufgaben dieses Instituts?
Jacob Joussen: Das Institut ist nicht nur das erste, sondern bisher auch das einzige an einer deutschen Universität. Das Hauptaugenmerk ist auf die wissenschaftliche Begleitung und Fortentwicklung des kirchlichen Arbeitsrechts insgesamt gerichtet. Daher führe ich Fachtagungen durch, gebe eine Schriftenreihe heraus und betreue zahlreiche Dissertationen. Doch daneben ist das Institut auch für die Rechtspraxis ein wichtiger Faktor in der Landschaft des kirchlichen Arbeitsrechts geworden: für Vorträge, Beratungen und vor allem – jetzt noch mehr! – für die Schriftleitung der ZMV. All das ist in diesen Institut gebündelt, das von seiner Anlage her konfessionsübergreifend und neutral im Hinblick auf Dienstgeber- und Dienstnehmerseite ist.
Redaktion: Wie im Heft 6/2020 der ZMV zu lesen ist, engagieren Sie sich über Ihre beruflich-wissenschaftliche Arbeit hinaus in vielen kirchlichen Bereichen. Erlauben Sie uns deshalb eine persönliche Frage: Bleibt bei so vielen Aktivitäten noch Raum für Freizeit? Wenn ja, was machen Sie hier gerne?
Jacob Joussen: Nun ja – die Arbeit an der Ruhr-Universität, bei der ZMV und in meiner Gemeinde und EKD, das ist alles sehr wichtig und macht mir viel Freude. Aber sie ist in der Tat nur ein Teil meines Lebens. Mein Arbeitstag endet deutlich vor (dem nicht späten) Abendessen, und das Wochenende halte ich seit meinen Studienzeiten vollständig von der Arbeit frei. Das ist mein Ausgleich, den ich brauche und der mir auch gut tut. Für Sport, für meinen Chor, für Bücher, für die verschiedenen Urlaubsreisen im Jahr, die wir zu zweit unternehmen. Meine Biographie hat mich an verschiedene Orte geführt, so sind nun Freundschaften gewachsen, die an verschiedenen Orten zu pflegen sind.
Redaktion: Wir wünschen Ihnen weiterhin viel Erfolg und Freunde bei Ihren Aufgaben. Herzlichen Dank, dass Sie sich Zeit für das Interview genommen haben.